Ein Körbchen wird weitergereicht – schönes Zeichen des Teilens und des Mitteilens

Die Kollekten führen zu verschiedenen Ergebnissen – warum?

Ein Körbchen wird herumgereicht, das Innenleder lässt unübersehbar eine Öffnung frei für das, was hier gedacht ist. Die Menschen in den Kirchenbänken wissen, dass es sich hier um einen wichtigen Teil des Gottesdienstes handelt: Hier ist es an mir zu teilen, für den anderen etwas Gutes zu tun.

Spenden heisst Teilen. Willy Oppliger, Leiter Zentrale Dienste der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, weiss um diesen Hintergrund des Opfers, auch wenn er beruflich vor allem mit dem Resultat, der Geldgrösse, befasst ist. "Das Ergebnis ist von vielem abhängig, in erster Linie natürlich von der Zahl der Gottesdienstbesuchenden und vom bekanntgegebenen Sammelzweck." Der Gottesdienstbesucher oder die Gottesdienstbesucherin spendet normalerweise gerne für die Schwächsten der Gesellschaft.

Teilen ist auch Mit-Teilen. Die Spende ist Zeichen für ein Wollen und auch für ein Können. Wenn ein älterer Mensch eine Münze einwirft und nicht eine stolze Banknote, dann hat das wohl mit seinen Lebensumständen zu tun, auch damit, dass ein Geldstück vor Jahrzehnten noch viel wert war. "Ich gäbe gerne mehr, wenn ich es könnte", mag mancher im Kirchenraum denken.

Eine Art Volksabstimmung

Spenden sind sicher auch Ausdruck eines Plebiszits. Die einen spenden grosszügig, wenn es um Anliegen in nächster Nähe geht, andere sind mehr betroffen durch Armut irgendwo in Afrika, wo die Menschen zu Tausenden dringend auf Unterstützung angewiesen sind. Es sind immer Entscheide, die im Körbchen landen, kleine Entscheide, aber Resultat eines Gedankens im Kopf des Mitglieds der evangelisch-reformierten Kirche. Wie in der Politik wirkt auch in den Kirchenbänken nach, wie das Anliegen auf der Kanzel "verkauft" wurde. War es ein Pflichtaufruf, ohne jede Leidenschaft, oder war Feuer im Ausdruck des Pfarrers, als er das Sammelziel benannte und erklärte? Hielt der eigene Pfarrer die Predigt, oder war es ein Gast?

Ein Plebiszit als Resultat zahlreicher Faktoren also, wenn man technisch schildern möchte, was als Akt der Liebe und der Nächstenliebe gedacht ist. Deshalb ergeben sich über eine Dekade hinweg auch nicht einfach klare Trends. Bei neun Kollekten im Kirchenjahr ist die Landeskirche verantwortlich, so am Kirchensonntag, an Pfingsten und an Weihnachten. Am Kirchensonntag 2002 ergab das – von der Uno lancierte und nun in Bern übernommene - Thema "Berge" CHF 84 955.60, rund CHF 20 000 mehr als die Sammlungen Jahre zuvor. Berge als Herausforderung, als Lebensraum und Zufluchtsort, das vermochte viele Spender stark anzuziehen. An Pfingsten betraf die Sammlung häufig Randgruppen, mit Blick auf das angestrebte Ergebnis eine mutige Sache. Die Weihnachtskollekte führte traditionsgemäss zu hohen Ergebnissen. Sehr häufig gehen hier die Sammelergebnisse ins ferne Ausland.

Zuerst ein Auf, dann ein Ab

Wenn man die zentral angelegten Kollekten der Landeskirche über die Dekade hinweg betrachtet, zeigen sich zwei Entwicklungen: ein Aufwärtstrend von 2000 bis 2006, ein Abwärtstrend von 2007 bis 2010. Sammlungen sind also nicht vom wirtschaftlichen Hintergrund zu lösen, in welchem die Menschen tätig sind und ihre Existenz- und Arbeitssorgen haben. Damit folgt das äussere, addierbare Ergebnis ein Stück weit der Konjunktur. Innen, in den Herzen der Menschen, behält das gewollte und gefühlte Teilen seinen festen Platz.

Was ein rechtes Plebiszit ist, muss auch publiziert werden. Dieser Pflicht zur Veröffentlichung wird auch nachgekommen, sei es im Gedruckten, sei es im Internet. Damit hat das schöne Zeichen des Teilens auch seine gute Ordnung.

Ronald Roggen

 

Kollekten in den Kirchgemeinden

La Ferrière: "Wenn es gerade keinen Gottesdienst gibt in La Ferrière, weil er anderswo stattfindet, dann bezahlt die Kirchgemeinde aus eigener Kasse etwas an den jeweiligen Sammelzweck. Das ist zwar eine Belastung, aber es ist machbar", sagt Ruth Beausire, die in La Ferrière die Finanzen betreut. Unter den Sammelzwecken gibt es zwar viele mit regionalem Charakter. Pro Senectute im Berner Jura etwa. Oder das Centre social protestant in Moutier. Aber in La Ferrière denkt man auch weiter: an die Auslandschweizer, an international tätige ökumenische Institutionen.

Trub: In der Rechnung der Kirchgemeinde Trub sind Kollekten ein Transitposten. Bei Jahresbeginn werden die Sammelzwecke beschlossen, wobei diese recht weit gefasst sind. Neben Lokalem und Regionalem gibt es auch anderes: das Zürcher Hospiz Lighthouse, Beiträge an die Krebsbekämpfung allgemein. Man weiss in Trub, dass es umgekehrt auch schweizweite Unterstützung gibt, wenn im Dorf ein grosses Vorhaben ansteht. 

Wahlern: Woher kommen in Wahlern (heute Schwarzenburg) die Ideen für das Kollektenwesen der Kirchgemeinde? "Oft stammen sie aus Anfragen", sagt Kirchgemeinderat Hans Zbinden, der das Ressort Finanzen führt. Das Pfarrteam sammelt die Vorschläge und unterbreitet sie dem Kirchgemeinderat, der sie so überprüft, dass alle hinter den gewählten Sammelzwecken stehen können. Dann wird im Gottesdienst gesammelt und das Ergebnis 1 zu 1 dem Zweck zugeführt. "Darüber wird natürlich öffentlich informiert." Hans Zbinden legt Wert auf Offenheit, die ja auch vorgeschrieben ist. Die Kollektenergebnisse müssen periodisch publiziert werden.

(rro)

 
Kollekte.