Praxisbeispiel Alter KG Wohlen

Seniorenarbeit Wohlen

Im Gespräch mit Mirco Bernasconi, Koordinator Soziales und Organisation der Kirchgemein-de Wohlen.

Wie hat sich die Seniorenarbeit in der Kirchgemeinde Wohlen in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Die Seniorenarbeit hat in der Kirchgemeinde Wohlen einen hohen Stellenwert. Zum einen, da der Anteil der älteren Bevölkerung in Wohlen hoch ist und zum anderen, weil sie auf eine 20-jährige Erfolgsgeschichte baut. Es gibt Besuchsdienste, Seniorenferien und -Ausflüge, monatliche Seniorenessen, Seniorentheater, Seniorenweihnachten und vieles mehr, so wie in vielen anderen Kirchgemeinden auch. Einzigartig ist die "Seniorenmännergruppe Wohlen" mit rund 120 Senioren - nur Männer. Das Kernteam der Senioren organisiert ein Programm mit monatlichen Aktivitäten. Von Vorträgen über das Goldgraben, Betriebsbesichtigungen, z.B. bei den Flyer-Velos in Huttwil, bis zum Treberwurstessen in Ligerz. Einmal pro Jahr auch für die Partnerinnen. Spontan spielt die gegenseitige Hilfe, z. B. als ein Senior hört, dass ein anderer sich täglich Essen bestellt, lehrt dieser dem anderen saisongerecht Einkaufen und Kochen. Die Seniorenmännergruppe hat auch ein Bistroteam und hilft bei kirchgemeindlichen Anlässen. Regelmässig fragt das Kernteam bei den Senioren in der Gemeinde nach, was gefällt und was nicht und was sie noch verbessern könnten. Nachwuchssorgen kennt die Seniorenmännergruppe nicht: Die Senioren in der (Kirch-)Gemeinde kennen sich. Sie wissen, wer was kann oder auch wer was braucht, und sorgen so unkompliziert für neue Kräfte. Die Anlässe sind kostenlos, die Kirchgemeinde stellt Räume und Infrastruktur zur Verfügung, einmal im Jahr findet ein Gottesdienst statt. Auf dem Fundament dieser selbstorganisierten freien Gruppierung der Männer der Gemeinde Wohlen floriert die kirchliche Seniorenarbeit - auch für und mit den Frauen: man kennt sich und schaut zueinander.

Was ist das Erfolgsrezept für diese lebendige Seniorenarbeit?

Die Seniorenarbeit setzt stark auf die Kompetenz und die Beziehungsnetzwerke der Senioren: es ist eine Arbeit von und mit den Senioren/innen, sie stärkt und vernetzt die ältere Bevölkerung in den Dörfern. Erst wenn selbstorganisierte Angebote nicht mehr ausreichen oder Hilfe direkt nachgefragt wird, setzt die kirchliche Arbeit für die Seniorinnen und Senioren ein. Damit diese Konzepte funktionieren können, ist eine positive Präsenz und Akzeptanz der kirchlichen Mitarbeitenden in den Dörfern wichtig, nicht als "Tonangeber", sondern um aufmerksam Netzwerke zu knüpfen und ab und an neue Impulse anzustossen. Mit zum Erfolg beigetragen hat auch die gute Zusammenarbeit mit politischer Gemeinde, Sozialdienst, Spitex und Alterseinrichtungen, z.B. auch die Mitarbeit am neuen Altersleitbild der Gemeinde.

Vor welchen neuen Herausforderungen steht die kirchliche Seniorenarbeit?

Es wird eine neue Generationen von Seniorinnen und Senioren mit hoher Autonomie und Flexibilität nachkommen: Noch selbständiger, noch vernetzter, technisch auf dem neuesten Stand. Aber die Grundbedürfnisse nach Gemeinschaft und Sinn werden dieselben bleiben. Die Herausforderung für die Kirchgemeinde wird sein, diese Generationenwechsel flexibel zu begleiten. Dies erfordert eine hohe Offenheit der Kirchgemeinde. Die neue Seniorengeneration wird sich nicht über Zugehörigkeit zur reformierten Kirche oder über Alterssegmente wie "60+" oder "U90" definieren, sondern individuell über ihre Fähigkeiten und Bedürfnisse, über ihre Lebensgeschichten und über ihre familiären oder sozialen Beziehungsnetze.

Regula Zähner